Was geschieht auf dem Gelände der alten Kunstlederfabrik?

Seit ihrer Schließung dämmerte die Kunstlederfabrik Borsdorf mehr oder wenig vor sich hin. Hier und da ein gewerblicher Nutzer, ansonsten Vermüllung und Verfall. Für Abwechslung sorgte zwischendurch vor allem die Polizei: Mal wurde eine Cannabisplantage hinter dem Gelände gerodet, dann ein geheimnisvoller Kfz.-Betrieb durchsucht und versiegelt (worauf dieser nächtens prompt in Brand geriet), zwischendurch ein illegales Fahrradlager ausgehoben. Versuche, zu einer neuen Nutzung des Geländes, wie z.B. das Projekt einer Seniorenwohnanlage, ließen kurze Hoffnung aufkommen, aber das war’s dann auch schon … Die Forderungen des Eigentümers und der begründete Verdacht auf Altlasten machten diesem Projekt – wie anderen zuvor – den Garaus.

Mit dem Kauf der gesamten Immobilie durch einen Investor vor rund zwei Jahren änderte sich das. Zwar wurde auch dieser zunächst ausgebremst, als plötzlich aus einem Stapel gründlich verstaubter Unterlagen ein Restitutionsanspruch auftauchte, doch davon ließ sich der neue Eigentümer nicht aufhalten. Im Dezember 2018 brachte der Gemeinderat ein Änderungsverfahren für den bestehenden Bebauungsplan auf den Weg. Dieser weist das Gelände der Kunstlederfabrik bisher als Gewerbegebiet aus, nun soll daraus ein Wohngebiet werden. Auf dem 11,6 ha großen Gelände sollen Einfamilienhäuser entstehen, außerdem in den erhaltenswerten Gebäuden der alten Industrieanlage Wohnungen. Anfang 2019 wurde das verwilderte und vermüllte Areal großflächig gerodet und mit Abrissarbeiten begonnen.

Inzwischen ist das Vorhaben weiter gediehen. Der „alte“ Borsdorfer Gemeinderat befasste sich in seiner Nachsitzrunde Anfang Juli 2019 noch einmal mit der Änderung des Bebauungsplanes und vergab den Auftrag hierzu an das Leipziger Ingenieurbüro Seecon.  Die Kosten für die umfangreiche Planung belaufen sich lt. Angebot auf 214.594,75 Euro. Die Gemeinde ist formal der Auftraggeber, erhält das Geld allerdings vom Eigentümer zurück.

Diese Verfahrensweise erscheint nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. „Der Investor hat sich einen Planer ausgesucht und trägt im Rahmen des städtebaulichen Vertrages die kompletten Kosten“, erläuterte Bürgermeister Ludwig Martin. „Wir sind als Gemeinde der Auftraggeber und lassen uns die Planungshoheit nicht aus der Hand nehmen.“    André Dreilich

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