Laufen in Borsdorf und Umgebung (3): Unterwegs im Banken*viertel.

„Lass uns doch mal von Bank zu Bank laufen“, diese Worte meines Mannes treiben mir einen Angstschauer über den Rücken. Irgendwie kann ich diese Laufstrecke nicht leiden: warum auch immer, keine Ahnung. Vielleicht liegt es ja daran, dass der Weg von Bank zu Bank zwar kurz ist, die beiden Bänke aber ein ganzes Stück vom heimischen Herd entfernt sind.
Aber wie auch immer, es geht los. Zur Haustür raus und dann den bekannten Weg übers Feld in Richtung Cunnersorf. Oh, die Phazelien (wahres Bienenfutter) sind verblüht. Als ich letztens hier lief, war das Bienenrestaurant noch geöffnet. Daran kann man gut erkennen, wie lange das schon wieder her ist. Naja, dafür bin ich im Urlaub in Griechenland ein wenig „fremdgelaufen“ und außerdem liegt mein Papa im Krankenhaus und macht mir Sorgen. Da hab ich anderes im Kopf und komme nicht so zum Laufen.
Aber sehr schön, im vertrocknenden Phazelienfeld blühen Sonnenblumen. Auch so eine Bienen-und Hummelweide und eine Augenweide dazu. Wir biegen auf den Feldweg ein, natürlich nicht ohne die übliche kleine Ermahnung: „Wollen wir dann mal wieder?“ Und ja, oben am Wachtelbach biegen wir nach rechts in Richtung Tresenwald ab. Meine Versuche, eine Abkürzung gen Heimat auszuhandeln, haben nichts gebracht, ich muss zur Bank. Also los, rechts liegt der Cunnersdorfer Spreicher, der bei Anglern stets beliebt ist. Dann dieser für mich endlose Feldweg, aber mit einigen Gehpausen („Woll’n wir nicht mal wieder?!“) ist es geschafft. Am Ende ein kurzer rechts Schwenk Richtung Gerichshain und gleich wieder links übers Feld hoch Richtung Wald einbiegen.
Der Himmel sieht heute sehr düster aus, gar kein Sommerwetter. Da war grade mal so eine Woche Sommer und nun das. Für mich ist das nichts, ich brauche zum Wohlfühlen ein paar Grad mehr. In Griechenland war‘s sehr schön. Sonnig und warm, da läuft‘s sich gut. Ich schnaufe mich den Weg hoch. Am Waldrand halten wir an der ersten Bank an, aber leider nur für ein kurzes Foto.  Natürlich hat die schöne Bank schon ein paar „Verzierungen“. Schmierfinken eben.
Der Blick Richtung Südwesten ist wirklich sehr schön, das Korn steht gut, aber staubtrocken ist es wieder.
Weiter geht’s durch den Wald, dann am Feld hart links auf einem Grasweg. Ein Stück weiter darf ich immerhin auswählen, ob wir den langen Weg (den „richtigen“) nehmen oder den kürzeren. Ich nehme den kürzeren durch den Wald, etwas querfeldein. Das biete Gehpausenchancen. Wir kommen nach einigen hundert Metern an einem Waldweg raus, der links rum wieder in Richtung Cunnersdorf führt. Kurz danach erreichen wir die zweite Bank am Waldrand. Doch zuvor gibt’s eine Bildungspause: An einem Busch sind rote Dolden zu sehen. Die Zauber-App auf dem Handy meines Angetrauten weiß mehr als wir: roter Holunder. Laufen bildet. Ich beschäftige mich auf den nächsten Metern mit Holundergedanken. Man kann sehr gut Sirup oder Schnaps daraus machen. Ich bevorzuge Marmelade. Aber der Keller steht voll und ich habe mir selbst ein Marmeladenkochverbot erteilt, bis die Gläser alle sind. Naja, ist mehr eine Richtlinie.

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Nun also die zweite Bank, aber halten wir nicht inne, es geht bergab und dann – so der O-Ton meines Angetrauten – muss man es rollen lassen. Es rollt also mehr oder weniger gut bis zum Abzweig nach Cunnersdorf. Ehe es rechts herum geht, passieren wir Sperrschilder. Die stehen hier schon ein paar Monate, damit niemand bei seiner Hunderunde in den Wald fährt. Aber lauffaule Menschen sind pfiffig und haben eine hässliche Schneise in den Weizen gefahren. Das ist nicht nur unverschämt, sondern unverantwortlich bei der Trockenheit. Gelegentlich trifft man hier sogar Hunderundenfahrer, die ihren Fiffi vom Auto aus „Gassi“ führen – mit der Leine aus dem Fenster.
So, nun geht’s wieder meine Hassstrecke zurück. Aber das ist ja schon Rückweg. Mit einigen Gehpausen bekomme ich das hin. Die lange Laufpause merke ich schon deutlich. Grundsätzlich tut alles weh, aber das muss ich meinem persönlichen Schinder (und das ist immer sehr liebevoll gemeint, zu mindestens nach dem Lauf) ja nicht sagen. Hätte auch keinen Sinn, seinen Kommentar dazu kenne ich: „So schnell stibt sich’s nicht.“
Wir machen noch kurz Halt an der Aushängetafel der Gemeinde in Cunnersdorf. Nichts neues, alles schon am Wochenende gewesen. Dann darf ich noch eine Entscheidung treffen, ob es bei bei Obersts Kampfdackeln (länger!) oder wieder übers Feld zurück geht. Angesichts der düsteren Wolken und meiner geplagten Füßchen nehme ich den kürzeren Weg übers Feld. Abwärts zum, Wachtelbach läuft’s noch ganz gut. An der sehr akkurat geschnittenen Hecke steht ein Kirschbaum, daran ein Schild: „Pflück mich, iss mich.“ Klingt ein bisschen wie „Alice im Wunderland“. Aber ich bin nicht so der Kirschesser, das Schild find ich dennoch nett. Auf dem Dorf ist das eben noch so.
Vom Feldweg aus sehe ich einen Mäusebussard seine Kreise ziehen, die scheinen hier an den großen Pappeln zu wohnen. Scharfe Augen haben sie, aber vor allem können sie UV-Licht wahrnehmen. Da Mäuse-Urin UV-Strahlen reflektiert, sieht der Bussard die „Pinkelspuren“ der Nager und erkennt, ob es sich für ihn lohnt, Wiese oder Feld „unter die Lupe zu nehmen.“ Naja, das untere Ende der Nahrungskette ist kein Ponyhof.

Und nun folgt endlich der Zieleinlauf. Wie hat mein Angetrauter das letztens so unnachahmlich kommentiert? Lauf-hoppel-gehen. Endlich sind wir wieder da, haben gut acht Kilometer auf der Uhr und sind auch nicht nass geworden. Jetzt locken Dusche und Wein. Und wie immer nach dem Lauf verspreche ich mir, nicht mehr so lange bis zum nächsten Mal zu warten.    Ines Dreilich

* Anmerkung des angetrauten Schinders: Natürlich ist diese Überschrift Unfug, aber wenn Sie bis hierher gelesen haben, hat sie ihren Zweck ja erreicht. Achtung, Bildungsmodus: Dennoch … es ist schon seltsam, dass das Wort „Bank“ im Deutschen, je nachdem ob es eine Sitzgelegenheit oder ein Kreditinstitut bezeichnet, einen unterschiedlichen Plural hat: Bänke bzw. Banken. Dabei gehen beide Worte auf die selbe sprachliche Wurzel zurück, haben sich aber unabhängig voneinander entwickelt. Die Bank zum Sitzen stammt aus dem Althochdeutschen, dort hatte „banc“ bereits die heutige Bedeutung. Die Bank als Spielbank oder Kreditinstitut bezeichnete im Italienischen den Tisch des Geldwechslers und stammt aus dem Langobardischen, ist also auch germanischen Ursprungs. Beim Bankrott (‚banca rotta‘) wurde der Tisch übrigens zerschlagen.

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