Was dem einen die Steuererklärung, ist dem anderen der Jahresabschluss. Ungeliebt sind beide, aber irgendwie notwendig, sonst droht Ärger. Das ist auch im Borsdorfer Rathaus so: Die Gemeinde Borsdorf muss für ihre Finanzen alljährlich einen Abschluss erstellen. War das Zahlenwerk bis vor einigen Jahren noch „harmlos“, ist das seit 2013 Geschichte. Auf Order des Freistaates mussten Kommunen (und deren Eigenbetriebe) 2013 von der Kameralistischen auf die Doppische Buchhaltung umstellen. Den einschlägigen Beratungsunternehmen bescherte das eine Sonderkonjunktur und den Kämmerern in Städten und Gemeinden graue Haare. Der Freistaat hält sich in Sachen Doppik, soweit es seine eigenen Finanzen angeht, übrigens immer noch vornehm zurück und bucht wie bisher kameralistisch. Welches Ausmaß das regierungsamtlich verursachte Chaos auf kommunaler Ebene verursacht hat, ist hier in aller Kürze dargestellt.
Und Borsdorf? Hat die Misere in voller Schönheit abbekommen. Nach dem arbeitsintensiven Aufstellen einer Eröffnungsbilanz, wofür das gesamte Borsdorfer Tafelsilber einschließlich der Laternenmasten und Straßenbäume erfasst und bewertet werden musste, hing die Gemeinde bei den Jahresabschlüssen – vorsichtig ausgedrückt – weit hinterher. In der Kämmerei gab es jede Menge extra Arbeit, und Stück für Stück wurden die Jahresabschlüsse nachgeholt. Bei der letzten Sitzung des „alten“ Gemeinderates am 3. Juli 2019 wurde nun immerhin der Jahresabschluss 2016 „festgestellt“. Das bedeutet, dass der Abschluss nicht nur „fertig“, sondern auch „örtlich geprüft“ ist. Das dicke Paket wird nun der Rechtsaufsicht beim Landkreis Leipzig zur Kenntnis gebracht. Erteilt diese dem Abschluss ihren behördlichen Segen, ist das Jahr 2016 „gegessen“. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die 2016er Bilanzsumme der Gemeinde Borsdorf bei knapp 63 Mio. Euro lag. Der Abschluss weist einen Überschuss von rund 701.000 Euro aus, der der Rücklage zugeführt wird.
Und wie geht’s weiter mit den Gemeindefinanzen? Dazu stellte Bürgermeister Ludwig Martin fest: „Der Abschluss 2017 ist zurzeit in der Prüfung und kann im September durch den Gemeinderat festgestellt werden. Der Abschluss 2018 dürfte im November soweit sein. Damit ist unsere Gemeinde im Freistaat ganz vorn dabei. Damit sind wir endlich wieder im gesetzlichen Rahmen bei der Aufstellung von Haushaltsplänen und Abschlüssen.“ Lob gab’s deshalb für die Mitarbeiter der Kämmerei, denen die Aufholjagd eine Menge Arbeit beschert hatte. André Dreilich
Übrigens: Wer sich unbedingt mit dem schweren doppischen Schmaus den Appetit verderben möchte, kann den Jahresabschluss vom 16. bis 26. Juli 2019 in der Borsdorfer Kämmerei während der Öffnungszeiten einsehen.