So, Sonntag 18 Uhr. Die Wahllokale in der Gemeinde Borsdorf schließen, die Auszählung beginnt. Bis fast zur letzten Minute haben die Kandiaten für sich und ihre Parteien noch die Werbetrommel gerührt. Zum ersten Mal wurde intensiv über die Sozialen Medien Werbung gemacht. Im Lauf des Tages war z.B. auf Facebook immer wieder zu lesen „Ich habe gewählt“, mal mit, mal ohne Foto. Was früher der Politprominenz vorbehalten war, nämlich das Foto an der Wahlurne oder vor dem Wahllokal, kann heute jeder ins Netz stellen. Schöne neue Welt.
Doch abgerechnet wird zum Schluss. Als 18 Uhr die erste Prognose über die Bildschirme lief, war diese zwar noch wacklig, aber wies zumindest schon einmal die Richtung. Mit der ersten Hochrechnung wurde es sicherer: CDU so schwach wie nie, aber mit 32 % vorn. Um die 5 Prozent dahinter die AfD mit rund 27 %, gefolgt von der Linken mit knapp 11 (und damit noch mehr abgestraft als die CDU) und den Grünen mit knapp 9 %. Die geschrumpfte SPD bleibt mit 8 % im Landtag, anders als die gewachsene FDP, die lt. Hochrechnung mit weniger als 5 % „draußen“ bleibt. Angesichts der Hochrechnungen sei eine Frage erlaubt: Warum leisten sich ARD und ZDF eigentlich auf Kosten der Zahler des Zwangsbeitrages zwei getrennte Hochrechnungen, wenn zuletzt doch immer rauskommt, dass die des ZDF die schlechtere war?
Erstes Fazit: R2G, eine Koalition aus Linken, SPD und Grünen, ist in Sachsen rein rechnerisch nicht möglich. Und da die CDU der denkbaren Koalition mit dem eigentlichen Wahlsieger, der AfD, frühzeitig eine Absage erteilt hat, läuft es nun auf eine Koalition von CDU und Grünen hinaus; ob die arg ramponierte SPD als Mehrheitsbeschaffer mit ins Boot geholt werden muss oder nicht, wird die weitere Auszählung ergeben. Wie gut oder schlecht dieses 2er- bzw. 3er-Bündnis für Sachsen sein wird und ob nicht alles noch ganz anders kommt, wird sich zeigen. Bedenklich ist, dass mit den 4,irgendwas % der FDP und den 8,7 % der „Sonstigen“ über 13 % der abgegebenen Stimmen dank des sächsischen Wahlrechters „für die Tonne“ sind, denn sie schlagen sich in der Zusammensetzung des künftigen Landtages nicht nieder.
Update 1 Zweitens: Und wie sieht es in Borsdorf aus? 20.15 Uhr gingen 38,9 % der Listenstimmen in unserer Gemeinde an die CDU, das ist deutlich mehr als im Landesdurchschnitt. Die AfD holte mit 23,5 % der Stimmen weniger als im Sachsenschnitt, die SPD mit 9,5 % mehr. Die Linke fuhr 8,2 % der Stimmen ein, die Grünen 7,8 %. Großer GFewinner in Borsdorf ist – wie in ganz Sachsen – die AfD, die im Vergleich zur Landtagswahl 2014 um 14,9 % zulegte.Auf der Gewinnerseite sind außerdem die Grünen (+2,5 %) und die FDP (+0,2). Die Verlierer sind die Linke (-7,6 %), die CDU (-5,0 %) und die SPD (-3,7 %) .
Update 2 Bei den Direktstimmen war das Borsdorfer Wahlverhalten ähnlich. CDU-Direktkandidat Kay Ritter blieb zwar unter dem Borsdorfer CDU-Listenergebnis, holte in unserer Gemeinde aber immerhin noch 34,8 % der Direktstimmen, auf Platz 2 folgt abgeschlagen der AfD-Kandidat mit 23,4 %. Interessant: SPD-Direktkandidatin Birgit Kilian holte im Ort 14 % der Direktstimmen und schnitt damit deutlich besser ab als die Landesliste ihrer Partei. Das schaffte auch Sebastian Drews (FDP), der mit 4,7 % der Direktstimmen besser als das Ergebnis der Landesliste im Ort (4,2 %) war.
Update 3: Auch wenn Brandis, Machern und Lossatal 21 Uhr noch nicht mit der Auszählung fertig waren, zeichnet sich doch ab, dass Kay Ritter (CDU) das CDU-Direktmandat geholt hat.
Update 4: 21.30 Uhr war nur noch Lossatal offen; damit steht fest, dass Kay Ritter mit Direktmandat für den Wahlkreis „Leipzig Land 4“ in den Sächsischen Landtag einzieht.
Update 5: Lossatal hat’s geschafft, der Wahlkreis Leipzig-Land 4 ist komplett. Das Direktmandat geht an Kay Ritter (CDU) mit 32,2 % der Direktstimmen (Listenstimmen CDU: 35 %). Auf Platz 2 kam im Wahlkreis die AfD in Ziel (29,0 / 28,8), auf Platz 3 die Linke (11,4 / 8,6), auf Platz 4 die Freien Wähler (11,3 / 4,8), auf Platz 5 die SPD (8,0 / 8,1), auf Platz 6 die Grünen (4,9 / 5,6) und auf Platz 7 die FDP (3,2 / 3,5). André Dreilich