Auf die nächsten 125 Jahre: Die Borsdorfer Kameraden lassen es zum Jubiläum krachen

1894 scheint kein so schlechtes Jahr gewesen zu sein: Piere de Coubertin gründet das Internationale Olympische Komitee, Albert de Dion gewinnt das erste Automobilrennen der Geschichte und in Borsdorf rufen mehrere weitsichtige Männer eine Feuerwehr ins Leben. Alle drei Ereignisse wirken bis heute fort. Und so luden die Kameraden der Borsdorfer Feuerwehr für den 15. Juni 2019 zur Feier des 125jährigen Bestehens der Ortswehr ein. Außerdem (und auf keinen Fall nur nebenbei) wurden drei weitere Jubiläen gewürdigt: Das 65jährige Bestehen der Jugendwehr, das halbe Jahrhundert der Frauengruppe und das erste Jahrzehnt der Kindergruppe.

Ortswehrleiter Jens Beckmann begann seine Festrede nach einer Gedenkminute mit dem Verlesen des Gründungsprotokolls, das die Geburtsurkunde der Wehr darstellt. Anschließend ließ er die 125jährige Entwicklung der Borsdorfer Wehr kurz Revue passieren. Wer darüber mehr erfahren wollte, erfuhr viele interessante Details bei einer Präsentation, die Heimatforscher Gerhard Otto zusammengestellt hatte. Abschließend dankte Beckmann dem alten Gemeinderat für die Unterstützung der Wehr und äußerte seine Erwartung auf eine gute Zusammenarbeit mit dem neuen Gemeinderat.

Sekundiert wurde Jens Beckmann von einem Überraschungsgast: Pipemajor Ralf McQuire (aka Ralf Siebert) zog dudelsackspielend ein und stand dem Wehrleiter eine Stunde lang als Gardist zur Seite. Die Ehre, den wackeren Kämpen fürs Jubiläum angeworben zu haben, gebührt Kameradin Olivia Bier. Sie hatte den Scotsman beim Wave Gothic Treffen gesehen und nach Borsdorf eingeladen. Dass Ralf McQuire in seiner historischen Uniform hochsommerlichen Temperaturen trotzte, ohne eine Mine zu verziehen, brachte dem sächsischen Schotten viel Anerkennung ein.

Apropos Hitze: Feuerwehrleute sind da ja nicht wirklich zimperlich, doch da die Sonne es sehr gut mit der Jubiläumsfeier meinte, genehmigte der Ortswehrleiter den Kameraden Marscherleichterung; die Jacke durfte „aus“ bleiben. Doch nicht alle nutzten diese Option. So trotzten z.B. Inge Kohl, Marlen Keyselt und Margarethe Schönfeld in voller Uniform der Hitze. Die drei Kameradinnen hatten vor 50 Jahren die Frauengruppe der Borsdorfer Wehr mitgegründet und haben ihr bis heute die Treue gehalten. Dafür erhielten sie vom Feuerwehrverband Sachsen das Ehrenkreuz für 50 Jahre treue Dienste, ihre Präsentkörbe wurden bis zum Ende der Veranstaltung kühl aufbewahrt. Weitere Ehrungen gab es u.a. für die Kameraden der erfolgreichen Kinder- und der Jugendfeuerwehr. Sie erhielten neben viel Applaus auch Urkunden und Eisgutscheine.

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Dass trotz akribischer Planung auch etwas unverschuldet nicht klappen kann, berichtete Jens Beckmann mit leisem Zähneknirschen. Er erinnerte an die Fahnenweihe vor 50 Jahren. „Diese Fahne verkörpert unsere Geschichte, und eigentlich sollte sie heute um ein Fahnenband erweitert werden. Doch leider ist dieses Band auf dem Postweg verlorengegangen; aber es wird nachgereicht.“ Also gibt es demnächst noch einen Anlass zum Feiern …

Verzug hatte es auch bei einer andere Ehrung gegeben: Dr. Hans-Peter Schmidt, als Mitarbeiter der Handwerkskammer zu Leipzig ein langjähriger Partner und Förderer der Borsdorfer Wehr, wurde in den Rang eines Ehrenmitgliedes erhoben. Seine Ernennungsurkunde datiert vom 3. Februar 2018 (!). „Irgendwie hat es immer nicht geklappt“, begründete Jens Beckmann den langen Anlauf. Das frischgebackene Ehrenmitglied verriet parthenspatz.de anschließend, dass dies bereits seine zweite Ehrung als Feuerwehrmann h.c. sei. „Die erste stammt aus Dornbirn in Österreich“, berichtete Dr. Schmidt. Dort sei er im Urlaub gewesen, als ein Hochwasser kam. Prompt rettete der Naunhofer eine Pumpe der dortigen Feuerwehr vor den Fluten und wurde dafür angemessen geehrt.

Nach einigen Grußworten von Feuerwehrverband und Gemeinde begann der aktionsreichere Teil des Feuerwehrjubiläums. Viel Applaus gab es u.a. für die Hundestaffel der Leipziger Polizei. Deren Vierbeiner gingen auf Drogensuche, stellten Missetäter und ließen sich dabei auch nicht von Schüssen oder Autotüren stoppen. Ganz Mutige probierten aus, wie es sich anfühlt, wenn ein Polizeihund zubeißt – natürlich gewappnet mit einem dicken Armschutz. Großes Lob erntete auch die  Nachwuchsabteilung der Borsdorfer Feuerwehr. Die jungen Kameraden demonstrierten ihr Können u.a. bei einem simulierten Fahrzeugbrand. Respekt allen Beteiligten, die sich bei knapp 30 Grad in voller Ausrüstung bewährten. Großes Interesse fand auch die ausgestellte Feuerwehrtechnik. Mit dabei war neben modernen Einsatzfahrzeugen auch der betagte Deutz-Tanker, der noch immer im Dienst der Borsdorfer Wehr rollt, sowie ein 45-PS-Kraftzugspritzenfahrzeug aus dem Jahr 1939 von Mercedes Benz aus dem Feuerwehrmuseum Grethen und ein S4000 der Ostwache Brandis von 1967.

Der Tag der offenen Tür erwies sich wieder einmal als echter Publikumsmagnet und so füllte sich das Gelände rund ums Feuerwehrgerätehaus im Lauf des Nachmittags immer mehr mit neugierigen und wissbegierigen Besuchern. Und sicher war darunter auch der eine oder andere künftige Kamerad.   André Dreilich

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