Aufgepasst, geneigte Leserschaft, es wird anspruchsvoll! Wissen Sie, was Heinz Rühmann, Telly Savalas und den Borsdorfer Bahnhof verbindet? Es ist das Zitat “Hübsch hässlich habt Ihr’s hier”. Heinz Rühmann gebrauchte es gleich mehrfach in seiner Rolle als “Pater Brown”. Telly Savallas alias Lt. Theo Kojak ging der flotte Spruch regelmäßig über die Lippen, nachdem auf das polizeiliche Eintreten von Türen das Betreten übler Behausungen folgte.
Und wie passt der Borsdorfer Bahnhof in diese Ruhmeshalle? Ganz einfach – er ist dank jahrelanger Sanierung durch die Gemeinde Borsdorf wirklich ein Schmuckstück geworden. Also ziemlich “hübsch”. Hässlich wird’s allerdings, wenn man den Bahnhof vom Gleis her anschaut. Auch aus dieser Perspektive ist die Sanierung gelungen und der Glasbau im Mittelbereich (aka “Wintergarten”) ist eine Augenweide, bei deren Erneuerung der Denkmalschutz strenge Auflagen bis hin zur Nachnutzung noch verwendungsfähigen historischen Holzes erteilte. Fazit: Der Aufwand hat sich gelohnt. Oder besser: hätte. Wäre da nicht die Rampe, die Menschen mit körperlichen Einschränkungen den Zugang zum Gebäude erleichtern soll. Während das Bahnhofsgebäude so schön wie 1894 dasteht, verhunzt eine neuzeitliche Rampe die Ansicht so perfekt, wie man eine Ansicht mit viel Mühe verhunzen kann. Um nicht missverstanden zu werden: Die Rampe ist solides Bauschlosserhandwerk, an dem es nichts zu meckern gibt. Nur: Verzinkter Stahl, Riffelblech und Laufgitter haben am Borsdorfer Bahnhof in etwa so viel verloren wie eine Styroporverkleidung an der Akropolis in Athen.
Zu Recht kritisierte Peter Großmann, seines Zeichens Bauingenieur und ehemaliger Borsdorfer Gemeinrat, bei der Bürgerfragestunde zur Gemeinderatssitzung am 27. September 2017 das denkmalpflegerische Possenspiel am Gleis. Dass er die jetzige Rampe für ein Provisorium hielt und wissen wollte, wann dieses denn wohl verschwinden werde, war nicht ironisch gemeint. Dass er daraufhin mit der Antwort abgebügelt wurde, dass “dafür” eine Baugehmigung vorliege und dass sich nichts mehr an dem Anblick ändern werde, auch nicht. Leider. André Dreilich