Der neue Borsdorfer Gemeinderat nimmt seine Arbeit auf

Der neue Borsdorfer Gemeinderat ist im Amt. Am gestrigen 21. August 2019 kam das Gremium im Ratssaal zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Dass das eine Woche später als ursprünglich geplant erfolgte, war eine unmittelbare Nachwirkung der gravierenden Sitzverschiebung im Ergebnis der Kommunalwahl, die zu einigen „Stuhlproblemen“ geführt hatte, welche natürlich ausschließlich im Sinne der Sitzmöbel und ihrer Anordnung zu verstehen sind.

Die beste Nachricht vorweg: Statt bisher 18 hat der neue Gemeinderat nur noch 16 Mitglieder, was zu einer geringfügigen Entlastung des Borsdorfer Haushalts dank der eingesparten Sitzungsgelder führen wird. Die zweite, je nach Blickwinkel schlechte oder ebenfalls gute Nachricht: Nichts ist mehr wie es war. Augenscheinlichstes Indiz: Die CDU sitzt jetzt in einer Tischreihe mit AfD und Freier Wählergemeinschaft 94, vis-a-vis sitzen Linke, SPD, BfGB und FWB. Und noch eine gute Nachricht: Die Besucherreihen waren bei der konstituierenden Sitzung mehr als gut gefüllt. Unter den Anwesenden waren neben einschlägigen Fanblocks auch mehrere ehemalige Gemeinderäte, die sich „die Neuen“ und deren Start anschauen wollten. Schade nur, dass das öffentliche Interesse am Ratsgeschehen erfahrungsgemäß schon bei der nächsten Ratssitzung deutlich nachlassen wird. Aus diesem Grund verzichtet parthenspatz.de auch auf ein „Gemeinderatsgruppenbild“. Wer wissen will, wie die Leute aussehen, möge sie sich im Rathaus anschauen.

Als erste Amtshandlung verpflichtete Bürgermeister Ludwig Martin die neuen Gemeinderäte. Das geschah nach Verlesen des offiziellen Textes einzeln per Handschlag* in alphabetischer Reihenfolge von Baldur Blume bis Katharina Wagner, wobei es mittendrin ein wenig hakelte, was im Publikum die Frage der verwaltungsinternen Alphabetkenntnissen aufkommen ließ. Apropos Kenntnisse: Beim nächsten Tagesordnungspunkt wurde von mehreren Zuschauern die Kenntnis der Sächsischen Gemeindeordnung im Rathaus ernsthaft hinterfragt. Das geschah, weil der Gemeinderat den nächsten Tagesordnungspunkt in nichtöffentlicher Sitzung absolvierte. Hinter der nebulösen Formulierung „Ablehnung der Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit als Gemeinderat gemäß § 18 Abs. 1 SächsGemO“ verbarg sich ein Thema von einiger Brisanz: Ein gewählter Gemeinderat der AfD, der zudem mit 1260 Stimmen das mit Abstand beste Ergebnis aller angetretenen Kandidaten eingefahren hatte, lehnte sein Mandat ab, nachdem ihm von Unbekannten – vorsichtig formuliert – übel mitgespielt worden war. Dass dieser Punkt unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt wurde, sorgte währenddessen „draußen“ für einige Diskussionen, nicht zuletzt deshalb, weil genannten § 18 davon nicht die Rede ist und die Ausführungen zur Nichtöffentlichkeit im § 37 Abs. 1 einigen Auslegungsspielraum bieten. Dieses Thema dürfte den Gemeinderat sicher noch beschäftigen und zur Not wird halt nochmal konstituiert. Bis dahin gilt: Die anwesenden Gemeinderäte stimmten der Ablehnung des Mandates mehrheitlich zu; die Freie Wählergemeinschaft 94 stimmte dagegen, Florian Krahmer von der Linken enthielt sich. Damit bleiben im Ratssaal zwei Stühle für eigentlich gewählte AfD-Abgeordnete frei; einer mangels eines dritten Kandidaten, der zweite s.o.

Nach diesen Formalien stand die Wahl 1. Stellvertreters des Bürgermeisters an; dieses Ehrenamt übt – wie schon in der Wahlperiode zuvor – Prof. Arne Rodloff (CDU) aus. Er war der einzige Kandidat. Spannender wurde es bei der Wahl des zweiten Stellvertreters. Darum hatten sich Karsten Fuhrig (FWB) und Tobias Uhlmann (BfGB) beworden. In geheimer Abstimmung setzte sich Fuhrig mit 10 Stimmen gegen Uhlmann durch, der 6 Stimmen erhielt. Dass dabei Zähneknirschen zu hören war, ist ein Gerücht.

Das Borsdorfer Stuhlproblem machte zudem eine Änderung der Hauptsatzung der Gemeinde erforderlich, da in dieser bei der Besetzung von Technischem und Verwaltungsausschuss bisher von jeweils 9 Mitgliedern die Rede war. Nach eingehender Debatte im Vorfeld und Befragung der Rechtsaufsicht wurde die Hauptsatzung auf „je 8“ geändert. Doch damit war die kommunalpolitische Hartleibigkeit nicht ausgestanden. Ist ein Ratsmitglied verhindert, springt im jeweiligen Ausschuss dessen  Vertreter ein und umgekehrt. Während das in der vergangenen Wahlperiode geräuschlos über die Bühne ging, hatte es in Vorbereitung der konstituierenden Sitzung insofern Bauchgrimmen gegeben, da niemand so recht ein Pärchen mit Baldur Blume (AfD) bilden wollte. Nachdem sich zuerst Alexander Stelzer (CDU) zur „Vertreterpaarung“ bereit erklärt hatte, zog er zurück, was Bürgermeister Ludwig Martin während der gestrigen Sitzung ein wenig Druck spüren ließ, ehe Erleichterung erfolgte, weil Prof. Arne Rodloff in die „Liaison“ eintrat.

Damit war die Ratssitzung auch schon auf der Zielgeraden angekommen. Ohne weitere Komplikationen wurde Michael Kling (BfGB) zum Verbandsrat im AZV Parthe gewählt, ihn vertritt bei Bedarf Alexander Stelzer (CDU). Im Zweckverband Parthenaue wird Birgit Kilian (SPD) künftig die Belange der Gemeinde vertreten. Und dann wurde es angesichts der Ziellinie noch einmal spannend: Als ihr Stellvertreter hatte Florian Krahmer (Linke) seinen Hut in den Ring geworfen. Überraschend warf Baldur Blume seinen hinterher. Auch diese Wahl erfolgte in geheimer Abstimmung: 10 Stimmen für Krahmer und … uuuppps … 6 für Baldur Blume.    André Dreilich 

Update: Vier peinliche „Tipper“ korrigiert, danke an A.S.

*Birigt Kilian (SPD) war verhindert und wird in der nächsten Ratssitzung nachverpflichtet.

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