„Ohne Visionen gibt es keinen Erfolg“, lautete die Maxime von Werner Otto (genau, das ist der Gründer des gleichnamigen Versandhauses). Helmut Schmidt hingegen (Für Freitagsfuturisten: Das war mal ein Bundeskanzler, der später kein Gasmann wurde) sagte: „Wer eine Vision hat, der soll zum Arzt gehen.“ Wie so oft im Leben dürfte die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen, denn nicht jede Vision bedarf einer ärztlichen Behandlung.
Apropos Visionen: Es gibt Menschen, die seit Jahren von einer Brücke im Westzipfel des Borsdorfer Parks träumen, die Borsdorf und Althen über die Parthe hinweg miteinander verbindet. Vor zwei Jahren schauten sich einige Dresdner Architekturstudenten entlang der Parthe um und befassten sich mit der Vision eines Brückenschlages. Um dieses Projekt ins öffentliche Interesse zu rücken, fand am 18. Mai 2019 eine Veranstaltung unter dem Motto „Brückentag“ statt. Eingeladen hatten die Gemeinde Borsdorf, stadt PARTHE Land, die TU Dresden und der Grüne Ring. Nach einem Workshop am Vormittag folgte am Nachmittag die Vorstellung der studentischen Ideen bei einem netten Volksfest. Dazu gab’s einen kleinen Auftritt von Kindern aus der Kita „Apfelkörbchen“, Musi von den Parthe-Plautzern, Eis, Getränke und Gegrilltes und natürlich allerlei Geredetes.
Die Studenten* berichteten über ihre Entdeckung des Parthenlandes und die Besonderheiten eines Brückenschlages gen Althen. Bürgermeister Ludwig Martin begrüßte die rund 50 Zuschauer und erinnerte daran, dass er 20 Jahre zuvor mit Engelbert Lütke Daldrup, dem damaligen Leipziger Planungs- und heutigen BER-Chef, an der Parthe gestanden und über eine Brücke nach Althen gesprochen habe. Er räumte ein, dass es für die Vision einer Brücke von Borsdorf nach Althen einige Hürden zu nehmen gibt. So müsste die Abstimmung mit der Stadt Leipzig erfolgen, außerdem seien Grundstücksfragen zu klären. In Gesprächen mit Bürgern habe er festgestellt, dass eine solche Brücke nicht alle begeistere, sondern auch auf Ablehnung treffe. „Bitte schreiben Sie Ihre Meinung auf und schicken Sie sie an die Gemeinde“, forderte der Bürgermeister die Zuschauer auf.
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Wenig später wurde sie dann enthüllt. Nein, nicht die Brücke und auch kein Modell, sondern eine große Bank, die zum Niedersetzen und Schauen einladen soll. Zwei Lehnen hat das edle Stück, eine dient dem Blick nach Althen, die andere dem Schauen nach Borsdorf. Möge der Bank ein langes, unbeschadetes Dasein ohne Übergriffe nagender Insekten oder zündelnder Idioten beschert sein, denn bis irgendwann die Brückenvision zur Realität wird, dauert es noch lange.
Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Zum einen wird die (visionäre) Brücke ja nicht wirklich benötigt, denn nur wenige hundert Schritte entfernt, in der Althener Straße, quert eine (reale) Brücke die Parthe und verbindet Borsdorf und Althen. Außerdem müssten für das Bauwerk auf Althener Flur private Flächen in Anspruch genommen werden. Deren Eigentümer steht der Borsdorfer Vision – positiv formuliert – sehr reserviert gegenüber. Und dann ist da noch die Einstufung der Parthe als Gewässer 1. Ordnung. Die Regeln für den Brückenbau würde deshalb die Landestalsperrenverwaltung diktieren; und das kann teuer werden, wie das Beispiel des Panitzscher Parthenbrückleins zeigt, das mit 200.000 Euro zu Buche schlug. Aber vielleicht ist es ja gar nicht so schlecht, wenn nicht jede Vision Realität wird. André Dreilich
*Warum die Studenten von sich als „Studierende“ sprachen, erschloss sich dem Berichterstatter nicht, denn im Moment des Redens waren sie allenfalls Redende, doch nicht Studierende.